Plastik „Obelisque aux étoiles“ (1988-89)
Künstlerin Niki de Saint Phalle (eigentlich Catherine Marie-Agnès Fal de Saint Phalle) geboren 1930 in Frankreich, gestorben 2002 in San Diego. Erworben 1991 durch die Stiftung für Kulturpflege der Sparkasse Lünen.
Der überlebensgroße „Obelisque aux étoiles“ ist mit miniaturhaften teils eingefärbten, emaillierten Spiegelchen versehen, die als scherbenartige Mosaiksteinchen die zylindrische, sich nach oben verjüngende Plastik ganzförmig überziehen.
Der Obelisk ist eine anthropromorphe, s-förmige elegante Gestalt und ist nach oben hin in 18 Farbringe unterteilt. An der Spitze mündet der Obelisk in einer mit Sternen versehenen Kuppel als eine Art Himmelszelt.
Nach ägyptischer Vorstellung der Gottheiten bündeln sich die göttlichen Strahlen wie ein auf dem Kopf stehendes Dreieck vom Himmelszelt aus und verbinden sich spitz zulaufend mit dem Irdischen.
Der Obelisk und auch die Pyramide als letzte Ruhestätte der Pharaonen sind architektonisch betrachtet irdische, spiegelbildliche Erwiderungen des göttlichen Prinzips, wo sich zum Himmlischen hin spitz zulaufend das Diesseitige mit dem Göttlichen verbinden kann oder auch das Endliche mit dem Unendlichen.
Auf diese Bedeutung zurückführend ist auch Saint Phalles „Obelisque aux étoiles“, übersetzt der Obelisk, der zu den Sternen greift, als eine Versinnbildlichung des göttlichen Prinzips zu deuten. Spitz zulaufend verbindet er das Irdische mit dem Göttlichen.
Unterstützt wird das durch die in byzantinischer Tradition gestaltete, farbig glänzende ganzflächige Mosaikverzierung, die auf diese Weise als eine Art Strahlenkranz verstanden werden kann, in der sich das Göttliche widerspiegelt. Die unterschiedlichen Farbringe zieren den Obelisk wie der spiralenförmige Rundlauf der römischen Trajansäule.
Wie schon im „Tarot Garten“ geht es Niki de Saint Phalle bei der Skulptur „Obelisque aux étoiles“ um die Abbildung der göttlichen Schöpfung im Irdischen, also um die Spiegelung des göttlichen Prinzips „Hier“ und „Jetzt“.
Saint Phalle`s Skulptur ist künstlerisch und kunsthandwerklich gesehen eine subtile Meisterleistung. Wie sich aus den hunderten von einzelnen Steinchen eine ästhetische Gesamtwirkung erzielt, ist faszinierend und zu vergleichen mit der hohen Kunst der Mosaikgestaltung in byzantinischer Zeit (vgl. byzantinische Mosaikkunst, z. B. Kirche Saint Apollinaire Nuovo, Ravenna, Italien. Weltkulturerbe).
(Text: Dr. phil. Hubertus Schlenke, Köln (Gutachten aus Februar 2009)